Bischöfe und Priester
Möchte man eines Tages die theologische Bedeutung des 2. Vatikanischen Konzils in seiner bedeutendsten historischen Valenz beurteilen, kann wohl nicht umhin, auf das Kapitel 3 von Lumen gentium Bezug zu nehmen. So wie die Doktrin zum Primat das 1. Vatikanische Konzil qualifizierend bestimmte, so prägte die Doktrin zum sakramentalen Wert des Bischoftums das 2. Vatikanische Konzil, das die bisherigen Überlegungen zu diesem Aspekt fortführte. Anhand der Lehre, der wir heute begegnen, kann die Entwicklung der Doktrin gemäß der Absicht der Konzilväter geprüft und beurteilt werden. Um es mit den Worten von Papst Paul VI. zu sagen: „Die Integrität der katholischen Wahrheit fordert nun eine Klärung im Einklang mit der Doktrin zum Papsttum, die die Figur und die Sendung des Bischoftums in ihr strahlendes Licht rückt."
Zwei Formulierungen sind für das Verständnis der Doktrin des Konzils zu diesem Gesichtspunkt grundlegend: 1. „Christus setzte die zwölf Apostel nach Art eines Kollegiums oder eines festen Kreises ein, an dessen Spitze er den aus ihrer Mitte erwählten Petrus stellte" (LG 19); 2. „Wie nach der Verfügung des Herrn der heilige Petrus und die übrigen Apostel ein einziges apostolisches Kollegium bilden, so sind in entsprechender Weise der Bischof von Rom, der Nachfolger Petri, und die Bischöfe, die Nachfolger der Apostel, untereinander verbunden" (LG 22). Mit diesen Aussagen lehren die Väter die göttliche Institution des Kollegiums der Zwölf und nehmen eine erste, entscheidende Ergänzung der Doktrin des Primats vor. Der biblischen Lehre und der gesamten Tradition der Väter folgend beschreibt das 2. Vatikanische Konzil die Sakramentalität des Bischoftums (LG 21): Der Bischof ist Diener Christi und sein lebendiges Abbild. Oder, um eine schöne Formulierung von Ignatius von Antiochien zu verwenden: typos tou Patros, das lebende Bild Gottes des Vaters. Die sakramentale Dimension des Bischofs, so wie sie von den Konzilvätern gefasst wird, tendiert gewissermaßen dazu, den historischen Horizont mit dem pneumatischen Horizont zu verschmelzen: Durch den ersten wird der Bischof durch die apostolischen Nachfolge Teil des Kollegiums und damit mit dem ursprünglichen Handeln Christi verbunden; dank des pneumatischen Horizonts dagegen ist der Bischof Sakrament des handelnden Geistes des glorreichen Christus, der durch ihn wirkt und agiert.
Die Frage, ob den Vätern das Schema gefiel, wonach die Konsekration der Bischöfe als „höchster Grad des Weihesakraments" bezeichnet wurde, ist zu verneinen. Die Aussage der Konzilskonstitution lautet heute, dass das Bischoftum „die Fülle des Weihesakraments" darstellt. Der Spiritus principalis, der mit der Weihe übertragen wird, verleiht die Gnade und das heilige Prägemal (LG 21). Daraus resultiert die Entwicklung der Abhandlung, deren Ziel das Bischofsamt ist. Dieses wird zu Recht „Diakonie" genannt, weil dieser wahre Dienst die Bischöfe nach dem Bilde Christi konfiguriert. Das Amt des Lehrens, Sanktifizierens und Leitens legt die bischöfliche Diakonie deutlich dar und zeigt den eigenen, besonderen Raum ihrer Konsekration.
Innerhalb dieser organischen Lehre über das Bischoftum findet die Lehre über Priestertum und Diakonat ihren Platz. Dies stärkt die Theologie des Priestertums, da seine Natur, Rolle und Würde expliziter dargestellt werden. Das Priestertum ist grundlegend mit der gesamten Heilsgeschichte verknüpft und entwickelt jene wundersame Dynamik, durch die es noch enger mit dem apostolischen und missionarischen Charakter verbunden ist, der den Bischöfen zueigen ist. Indem sich das 2. Vatikanische Konzil die dogmatische Vision des Konzils von Trient aneignet, wonach sich die Einheit der heiligen Ordnung in den drei Stufen des Kirchenamtes ausdrückt – Bischof, Kollegium der Priester und der Diakone – wird die Vorausssetzung für eine Theologie des Priestertums geschaffen, die die innige Verbindung zwischen dem Priesteramt und der Mission der Bischöfe zu erfassen weiß. Durch die Ordination haben die Priester an der Mission der Bischöfe und der apostolischen Nachfolge Teil, die sie zu Jesus Christus zurückführt. Zu Jesus Christus als dem höchsten und ewigen Priester, erste und einzige Quelle jedes Priestertums und Apostolats, durch die sie dem Wohl der ganzen Kirche dienen.
Die Ordenstheologie gewinnt in Anbetracht der Lehren des Konzils sicherlich an Gewicht. Die übernatürliche Verbindung zwischen Bischöfen und Priestern ist in erster Linie ontologischer Natur, kraft der Teilhabe am einzigen Priestertum Christi. Von ihr ausgehend öffnet sie sich der seelsorgerischen und rechtlichen Natur. Indem hinsichtlich der Sakramentalität des Bischoftums und des apostolischen Kollegiums dogmatische Klarheit geschaffen wurde, wurde sicherlich die Eingliederung und der Fortschritt der Theologie des Priestertums begünstigt: nicht als Anhängsel, sondern als reale Form und realer Ausdruck des einzigen Priestertums Christi und somit als „wirkliche Priester des Neuen Bundes" (LG 28).