Die pastorale Barmherzigkeit des Primats
(Prof. Jose Vidamor B. Yu, Manila)
Am Anfang der Kirche, wurde Petrus zum Anführer der Christlichen Gemeinschaft und war selbst niemandem untergeordnet. Er war „erfüllt mit Heiligen Geist" und sprach vor vielen Menschen von Buße und Taufe (Apostelgeschichte 2:38). Hinsichtlich des apostolischen Primats gab die Führung Petri dieser Gemeinschaft ihre Identität. St. Leo der Große bezeichnete ihn als denjenigen, der das Primat des Apostolats verdient hat.
Der Kern des pastoralen Diensts des Primats ist ein Akt der Barmherzigkeit. Nach dem Vorbild von Jesus Christus dem Hirten sind Petrus und seine Nachfolger dazu aufgerufen, dem gesamten Gottesvolk wahrlich zu dienen. „Jesus kam, um zu dienen, und nicht damit ihm gedient werde." Christus wollte den Papst und die Bischöfe als sichtbare Führer der Kirche. Lumen Gentium bekräftigt, dass „Er wollte, daß deren Nachfolger, das heißt die Bischöfe, in seiner Kirche bis zur Vollendung der Weltzeit Hirten sein sollten." (LG 18) Der selbstlose Dienst des Heiligen Vaters dreht sich um das Wohl der Kirche. Die Wahl und die Identität des Papstes durch die Generationen ist zu einem Symbol des Lebens, der Gültigkeit und der Ewigkeit der Kirche geworden.
Ein weiterer Akt der pastoralen Barmherzigkeit der Nachfolger Petri besteht in ihrem Streben nach Einheit. Der Papst sollte ein sichtbares Zeichen der vertikalen Einheit und Kommunion mit Christus und der horizontalen Einheit und Kommunion mit allen Kirchenmitgliedern setzen. Die Berufung des Papstes besteht in den demütigen Dienst an der Einheit in der Kirche. Es darf niemals vergessen werden, dass Christus „den heiligen Petrus an die Spitze der übrigen Apostel gestellt und in ihm ein immerwährendes und sichtbares Prinzip und Fundament der Glaubenseinheit und der Gemeinschaft eingesetzt [hat]" (LG 18).
Die apostolische Arbeit des Papstes steht immer im Dienste der Barmherzigkeit. Der Heilige Vater ist der Vikar Christi auf Erden und als solcher verleiht er sich selbst den Titel des „Servus Servorum Dei". Paul VI. betonte, das Primat des Papstes sei ein Primat des Dienstes der Fürsorge und der Barmherzigkeit, und dass es keine leeren Worte sind, welche dem Vikar Christi den Titel des „Dieners der Diener Gottes" verleihen. In diesem brüderlichen Dienst üben der Heilige Vater und seine Nachfolger die Tugend der Liebe aus. Auf dieselbe Weise fördert er den brüderlichen Dialog unter allen Mitgliedern der Kirche und den Anhängern der großen Weltreligionen. Christus ist Oberhaupt der Universalkirche und dieser Umstand verleiht Petrus und seinen Nachfolgern der folgenden Generationen Vorrang.
Die Barmherzigkeit des Primats steht deshalb im Dienste der Wahrheit. Der Papst ist Diener der Wahrheit. Für das gesamte Gottesvolk zu lehren und predigen ist ein Akt der Barmherzigkeit. Mit diesen Worten erhielt Petrus sein Mandat von Christus: „Weide meine Lämmer." (Jo 21:15) Als Diener der Wahrheit führt der Papst alle Gläubigen nach dem Vorbild Petri zu Christus: „Herr, wohin sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens." (Jo 6:68) Es gehört zur Aufgabe des Papstes, die offenbarte Wahrheit zu fördern, zu hüten und zu erklären.
Wenn sein Primat uneingeschränkt fortbestehen wird, wird der Papst weiterhin die volle und höchste Gewalt über die gesamte Universalkirche ausüben. Die Barmherzigkeit dieses Primats drückt sich wiederum in dem Bund von Frieden, Liebe und Einheit aus.