31. Oktober 2006
IL MODELLO DELLA
„ECONOMIA SOCIALE DEL MERCATO“ E LE SUE RADICI NELLA DOTTRINA SOCIALE DELLA
CHIESA
Di S. E. Mons. Dr. Gerhard Ludwig Müller
Wer heute über die soziale
Marktwirtschaft spricht, darf deren Wurzeln in der katholischen Soziallehre
nicht übersehen. Schließlich handelt es sich bei der sozialen Marktwirtschaft
nicht um ein reines Wirtschaftssystem, das sich ausschließlich auf die
Gewinnmaximierung konzentriert, sondern bestrebt ist, den Menschen als Träger
der Arbeit in den Kreislauf der wirtschaftlichen Prozesse von Arbeit und Markt
einzubeziehen.
Die Fehlformen eines Wirtschaftssystems,
das den Menschen ausblendet sind in der Geschichte greifbar: Der Kommunismus
hat den Menschen in den Prozeß der Produktion hinein aufgelöst und ihn seiner
individuellen Begabtheit und Kreativität beraubt. Und das reine am
wirtschaftlichen Erfolg orientierte marktwirtschaftliche System sieht im
Menschen das Hilfsmittel zu einer Steigerung der Gewinne.
Das Bindemittel zwischen Markt, Arbeit
und Kapital, gerechten Lohn und Verpflichtung ist Ergebnis der katholischen
Soziallehre. Sie sieht den Menschen eingebettet in das Gemeinwohl, zu dem jeder
seinen Beitrag leisten soll. Joseph Kardinal Höffner hat so von einer
„Gemeinwohlgerechtigkeit“ sprechen können, die alle Sozialprinzipien an das
Wohl der Gemeinschaft zurückbindet.
Zum hundertsten Jahrestag von Rerum novarum hat Papst Johannes Paul
II. seine dritte Sozialenzyklika Centesimus
annus veröffentlicht. Darin schreibt er: „Das Prinzip, das wir heute
Solidaritätsprinzip nennen (...) wird von Leo XIII. mehrmals unter dem Namen Freundschaft angeführt (...). Von Pius
XI. wird es mit dem nicht weniger bedeutungsvollen Namen soziale Liebe bezeichnet. Paul VI. hat den Begriff mit den heutigen
vielfältigen Dimensionen der sozialen Frage erweitert und von Zivilisation der Liebe gesprochen (AAS
83 (1991) 805).
Damit ist zum einen die Kontinuität
beschrieben, mit der sich die Kirche der sozialen und wirtschaftlichen
Herausforderungen der jeweiligen Zeit angenommen hat, aber eben auch das
Engagement, mit der sie die wirtschaftlichen Prozesse beeinflußt hat.
Die bleibenden Prinzipien der Soziallehre
– die Würde der menschlichen Person, das Gemeinwohl, die Subsidiarität und
Solidarität bringen mit Hilfe der Vernunft und des Glaubens die Wahrheit über
den Menschen hinsichtlich seiner gesellschaftlichen Verankerung zum Ausdruck.
Wo sich die Wirtschaft diesen fundamentalen Vorgaben stellt, wird die
Marktwirtschaft wirklich sozial, weil sie das Wohl des Menschen im Blick hat.
Lohngerechtigkeit, Anerkenntnis der Leistung, das Verhältnis von Kapital und
Arbeit werden nur dauerhaft von einer sozialen Verantwortung geprägt bleiben,
wenn die Grundlagen aus der Soziallehre der Kirche als Maßstab für die
Verantwortlichen in der Wirtschaft gesehen werden. Nur dann wird der Arbeiter
als Mensch gesehen, der sich selbst in seiner Tätigkeit findet und zum
eigentlichen Subjekt aller Wirtschaft und des Marktes wird.
„Richtschnur für das menschliche Schaffen
ist daher, daß es gemäß dem Plan und willen Gottes mit dem echten Wohl der
Menschheit übereinstimme und dem Menschen als Einzelwesen und als Glied der
Gesellschaft gestatte, seiner ganzen Berufung nachzukommen und sie zu erfüllen.“
(Zweites Vatikanisches Konzil, Gaudium et
Spes, 35).